Gardasse Umrundung 2018

Gardasee Umrundung 2018                                      02.09. – 07.09.2018

Riva del Garda – San Valentino

 

Start in Riva del Garda am 02.09.2018 gegen 09:00 Uhr bei Nieselregen. Der konnte uns die Vorfreude auf diese Reise um den Gardasee mit dem Mountainbike nicht verderben. Nach unserer letzten Trans Alp (2016) hatte ich ja schon angedeutet, in Zukunft nur noch Mehrtagestouren mit einer Länge von max. 6 Tagen fahren zu wollen. Da drängelte sich die Runde um den Lago förmlich auf, noch dazu, dass es sich bei einem Großteil um für uns unbekanntes Terrain handelt. Den Norden mit seinen Klassikern kannten wir schon von vielen Tagestouren. Aber was kommt hinter dem Altissimo? Was südwestlich des Tremalzo? Und was gar ganz im Süden?
In Torbole kurzer Stopp, ich kaufte mir noch Tiroler Speck für die Rast unterwegs. Dachte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt. Wie gesagt, leichter Nieselregen aber angenehme Temperaturen. Die Teerstraße Richtung Monte Altissimo war für keinen von uns Neuland. Sie dient ja auch als Zubringer für die Lago Klassiker „Navene Trail“ und „601“.
An der Malga Zurges haben Matze und ich uns einen kleinen Imbiss eingeworfen. Jedoch schon nach 5 Minuten wurde es sehr kalt. Regen von außen, Schweiß von innen, Nässe konnte nicht weg. Als mir wieder warm war, habe ich beschlossen, bis zum Monte Veragna durch zu fahren. Das waren dann noch 1100 Höhenmeter. Hat funktioniert. Da oben dann volle Nebelsuppe und kuschelige 8°C, brrrr. Martin und Alex R. waren schon dabei, sich trockene Sachen anzuziehen. Ich zog sofort nach, wir wussten nicht wie weit es bis zum Rifugio Malga Campei ist, jetzt begann das Unbekannte für uns. Dann, vor dem „Erfrierungstod“, „Todeszone“ halt… per Rufton Alex H. mitgeteilt das wir schon in Richtung Hütte starten. Er wollte mit Matze nachkommen, der nur noch wenige Minuten hinter ihm war. Auf dem Downhill haben die beiden uns dann auch schon eingeholt. Zitternd erreichten wir die Malga. Erst mal rein, geheizt war nicht, aber egal, Hauptsache trocken. Klamotten zum Trocknen über die Stühle gehangen, wir waren die einzigen bekloppten, die bei diesem Wetter unterwegs waren. Zumindest die Wirtin fand diese „Unerschrockenheit“ lobenswert, obwohl sie anschließend erst einmal durchwischen musste. Nach Suppe und Cappuccino ging es weiter, vor uns lag noch ein Stück des Weges. Es hatte unterdessen aufgehöhrt zu regnen, lausig kalt war es hier oben immer noch. Die Wolken hatten sich auch verzogen, wir hatten das erste mal an diesem Tag gute Sicht. Berge die das Etschtal umrahmen erfreuten unsere Augen.
Dann 600 Hm runter und als Finale noch einmal 500 HM hinauf, gespickt mit einer erstklassigen Schiebestrecke, sehr steil. Danach Genuss rollern nach San Giovanni. Das 5 Sterne Hotel ließen wir schnell hinter uns, die Erfahrungen von 2016 waren noch frisch. Haben dann in San Valentino eine Bleibe im Hotel „Sole del Baldo“ bekommen, nachdem Alex R. die freundliche Service Kraft überreden konnte für uns zwei Zimmer herzurichten. Auch hier waren wir die einzigen Gäste.
Am Abend haben wir uns dann noch am Kicker Tisch ausgetobt.

So nebenbei möchte ich noch erwähnen, dass mein Tacho für diesen Tag eine durchschnittliche Steigung von 16% angezeigt hat. (Ciclo CM 4.41A)

37 km / 7,4 km/h / 2230 HM / 5 h netto / 6:50 h brutto


 

San Valentino – Garda                                                         03.09.2018

Start 09:15 Uhr bei Sonnenschein und 13°C. Heute völliges Neuland für uns, irgendwo zwischen Monte Baldo, Mt. Telegraf und dem Etschtal. Das Höhenprofil prophezeite uns ein ständiges auf und ab, so Mittelgebirgsmäßig. Der erste Teil des Tages sehr schön, steile Anstiege und flowige Abfahrten. Es rollte. Natürlich auch mit Irrungen. Bikes über einen Bach getragen und nach 100 Metern die Irrung festgestellt. Alles wieder zurück. Tolle Landschaft, ruhige Täler, geil. Wir waren happy. Am frühen Nachmittag eine Kneipe am Straßenrand entdeckt. Kaffee und Kuchen waren o.k., Nudel nicht essbar. Zum Glück hatte ich mich für Kaffee und Kuchen entschieden. Vom letzten Pass des Tages konnten wir dann schon den Lago sehen. Bald unten dachten wir uns, ha, ha, ha. Es folgte ein steiler Downhill über Katzenkopf Steine. Ein Gerumpel der übleren Sorte. Hatte ständig das Gefühl, es reißt mir den Lenker aus den Händen. Und das mit 140mm Federweg. Wir kamen nur langsam voran. Die Restkilometer auf dem Tacho wurden nur Mühsam weniger. Witzigerweise zweigte der Trail wieder in Richtung Norden ab. Der Monte Brione war gut zu sehen und kam uns näher. Kacke, wir wollen doch nach Süden, hm. In Campo, einem verlassen wirkenden Dorf oberhalb des Lago wieder eine Irrung. Alex H. ist den Trail runtergeschossen. Wir stellten fest, falsch. Rufen zu spät. Handy raus und angerufen. Er mußte dann ein gutes Stück wieder hochschieben. Ab Campo stimmte die Richtung wieder, Süden. Sind dann ca. 100 – 200 Höhenmeter oberhalb der Straße auf einem schönen, abwechslungsreichen Trail weitergefahren. Der Haken an dem Trail, wir kamen unserem Tagesziel nur sehr langsam entgegen. Als der Trail nach einer weiteren Stunde eine schmale Straße querte, haben wir die Entscheidung getroffen, auf die Uferstraße zu wechseln. Wir hatten noch ein paar Kilometer vor uns. Den originalen Track von Uli Stanziu hätten wir an diesem Tag nicht mehr geschafft. Und im Wald übernachten, ohne Essen und Bier, wollten wir auch nicht. Nach 2 Tagen in der völligen Ruhe des Lago Hinterlandes war die Begegnung mit der Hektik und dem Verkehr ein echter Schock. Dazu, um voran zu kommen, Windschatten geheize, es gibt Sachen, die mögen Mountainbiker nicht, ich gehöre dazu. Was soll es, was sein muß, muß sein. Sind dann noch ca. 20 km auf der Straße bis in den Ort Garda gefahren. Paar Hotels in Strandnähe abgeklappert, alles voll. Dann eins gefunden mit freien Zimmern, 65€ pro Person, recht teuer. Martin und Alex R. sind dann zurück zur Haupstraße, da hatten wir schon ein anderes Hotel gesehen. 5 min. später war die Sache geritzt. 45€ sind schon angenehmer.
Während der Hotelsuche passiert der Supergau. An Matzes Fatbike (Cannondale) ist die Steckachse am Hinterrad locker. Festziehen nicht mehr möglich. Bis zum Hotel waren es zum Glück nur ein paar Meter. Bier geordert und nebenbei den Schaden lokalisiert. Gewinde im Rahmen hatte sich aufgelöst. Viele Gedankensprünge (neudeutsch Brainstorming) und Biere später dann die Idee. Wir benötigen Teflonband. Damit werden wir die Steckachse umwickeln, so dass sie dann wieder im restlichen Gewinde des Rahmens halt findet. Die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt. Alex R. hat es dann tatsächlich gebacken bekommen, der sehr, sehr, freundlichen Service Dame das Problem zu erklären. Sie versprach uns, nach Feierabend zu Hause das Band zu suchen, um es uns am nächsten morgen mitbringen zu können.
Jetzt erst mal Essen gehen und Wino schlürfen. Matze hatten wir nach dem ersten Schock mit seinem Rad auch wieder positiv stimmen können. Nach der erschütternden Diagnose, Gewinde kaputt, wollte er zurück an das Nordufer und wir sollten die Tour ohne ihn zu Ende fahren. Das wurde von allen abgelehnt. Wir fahren gemeinsam los, und wir kommen gemeinsam an. Unser Motto.

73 km / 11,7 km/h / 1585 Hm / 6:36 h netto / 8:30 h brutto


Garda – Torbole                                                                   04.09.2018

Nach dem Frühstück hat uns doch tatsächlich die sehr freundliche Service Mitarbeiterin das von uns ersehnte Teflonband überreicht. Tausend Dank an diese junge Frau. Sie hat abends um 23:00 Uhr noch in ihrem Keller nach diesem Band gesucht.
Dann das Teflonband um die Steckachse gewickelt und los geht es. Auf der Uferpromenade, mit zick, zack um die Spaziergänger, Richtung Süden gekurvt. Nach 18 km dann die Ernüchterung, funktioniert nicht, Achse wieder locker. Noch einmal Steckachse mit Teflonband umwickelt, um wenigstens bis Peschiera zu kommen. Hat funktioniert. Dann der nächste Schlag ins Gesicht. Von Peschiera fährt keine Fähre nach Riva oder Torbole.
Wir hatten die Idee, zurück zu fahren, damit sich Matze in einem Bike Shop ein Bike ausleihen kann, um dann die Tour mit uns weiter fahren zu können. Unterdessen Telefonate mit einem Shuttle Service in Torbole, ob sie uns abholen könnten. Dann die Idee von Matze. Wir fahren gleichmäßig, also ohne Wiegetritt auf der Straße zurück nach Torbole, so lange, wie die Achse hält. Alex H. unser schnellster sollte vorfahren und uns dann mit dem Auto, welches ja in Riva auf dem Parkplatz steht, entgegenkommen. Zum Glück hat die Achse gehalten bei ruhiger Fahrweise auf der Straße. In Malcesine was gegessen und Alex H. angerufen, brauchst uns nicht mit dem Auto entgegen zu kommen, Fatbike hält, wir fahren durch. Ihr Hotten, war sein knapper aber auch sehr treffender Kommentar. Konnte aber auch niemand wissen, dass die letzte Notreparatur auf Asphalt hält. Müßig zu erwähnen, dass der andere Alex die Radelei auf der Straße ätzend fand. Wir auch, ständig Autos und Motorräder, krach, Nerverei. Weshalb Menschen mit einem Rennrad dort rumfahren, ich werde es nie begreifen.
Haben uns dann in der Gelateria Flora bei Eis und Cappuccino getroffen und erst einmal ein Hotel für die Übernachtung gebucht. Wir hatten inzwischen einen neuen Plan.
Matze wollte sich bei der Firma Liteville ein Bike für die restliche Tour ausleihen. Leider hatte der Laden an dem Tag zu. Alle Hoffnung auf den nächsten Tag gesetzt, ab 08:00 Uhr ist geöffnet. Unser Problem, die Fähre nach Süden, Maderno, hatte eine feste Abfahrtzeit, 09:30 Uhr. Was soll es, Dinge die man nicht ändern kann, werden so wie sie sind akzeptiert. Schließlich ist das Motto der Reise: Männer Wellness Urlaub.
Wir haben dann am Abend ein uns nicht unbekanntes Lokal aufgesucht um gut essen zu gehen und den schöngeistigen Getränken zu frönen.

84 km / 400 Hm / 20,6 km/h / 4 h netto / ca. 6 h brutto


 

Torbole – Passo Cavallino                                                   05.09.2018

Matze ist gleich früh um 08:00 Uhr mit Alex H. zum Liteville Laden in Torbole gefahren. Haben den Mitarbeiter überredet, dass er das Bike, ein 301, für 3 Tage verleiht. Hat geklappt. Haben uns am Hotel getroffen und sind dann gemeinsam zur Fähre nach Riva gefahren, unser Traum von der Gardasee Umrundung ist zum Glück noch nicht zu Ende.
Mark Twain hat in einem seiner Bücher solche Schiffe als Seelenverkäufer bezeichnet. Was für ein Rüttelkasten, dazu der ständige Dieselgestank. Was tut man nicht alles, um die Tour weiter fahren zu können. 2,5 h später und Lago Feeling ohne Ende spuckt uns die Fähre in Maderno wieder an Land. Jetzt geht es weiter, mit dem Bike. Sind bis Salo auf der Straße gefahren. Ab Salo dann wieder auf dem Track, den wir vor hatten zu fahren.
Kurze Erklärung für die, die nicht dabei waren. Durch das Missgeschick mit Matzes Bike mußten wir die Tour umplanen. Wir haben den Süden des Gardasees weggelassen, um am Westufer wieder in die geplante Route einsteigen zu können. Ansonsten wäre uns die Zeit davongelaufen, wir hatten ja noch 2 Tage Dolomitenwandern im Hinterkopf.
Auch heute wieder unbekanntes Gelände für uns. Da wir durch die Überfahrt mit der Fähre erst mittags in Salo waren, haben wir für den Nachmittag nur die Auffahrt zum Passo Cavallino geplant. Zuerst führte uns der Track durch den Speckgürtel von Salo. Auf Radwegen nach Vobarno und dann in ein ruhiges, abgelegenes Tal. Den Namen des Tals habe ich leider vergessen. Inzwischen ist es in der Nachmittagssonne ordentlich warm geworden. In der verschlafenen Ortschaft Eno fanden wir einen Dorfbrunnen. Kaltes Wasser, wie angenehm.
Am Passo Cavallino befindet sich ein gleichnamiges Rifugio. Die Übernachtung mit Frühstück soll 25€ kosten, da haben wir nicht lange überlegt. Und das war eine sehr gute Entscheidung. Gastlichkeit und Freundlichkeit waren nicht zu überbieten in dieser Abgeschiedenheit zwischen Gardasee und Idrosee. Interessant war die sprachliche Konstellation. Wir beherrschten nur ein wenig Urlaubsitalienisch, die Tochter des Hauses etwas Englisch, es hat funktioniert. Mit den Eltern klappte die Verständigung auch, allerdings mit Händen und Füssen. Es wurde dann ein sehr angenehmer Abend.
Geschlafen haben wir im Bettenlager, ohne andere Gäste. Am nächsten Morgen kredenzten Sie uns dann ein wunderbares Frühstück. Die Verabschiedung von diesen freundlichen Wirtsleuten war sehr herzlich.

37 km / 1100 Hm / 3:10 h / 11,6 km/h


 

Passo Cavallino – Rifugio Alpe Garda                               06.09.2018

Nach der Nacht im Bettenlager, wir waren unter uns, dann ein sehr gutes Frühstück und anschließend die sehr herzliche Verabschiedung von den Wirtsleuten. Um 09:15 Uhr sind wir gestartet. Alles gut fahrbar. An einer Stelle konnten wir einen Blick auf den Lago de Idro erhaschen. So weit waren wir vom Gardasee entfernt. Nach dem Passo di Ganone die Belohnung. Ein Speed Downhill auf Schotter spülte uns in das Valle delle Scala. Weiter durch das Lago Hinterland nach Moerna. Und dann begann er, der Uphill hinauf zum Monte Caplone. 1000 Höhenmeter auf Schotter. Durchschnittliche Steigung 15%. Das war zu fett für uns. Haben ca. 2/3 des Weges geschoben. Spaß geht anders. Unterwegs ist mir und Matze das Wasser ausgegangen. An einer Viehtränke haben wir die Flaschen aufgefüllt, hop oder top, war die Devise. Zum Glück hat keiner Magen Darm Probleme bekommen. Kurz vor der Bocca Caplone hat es dann Matze mit einem Hungerast erwischt. Er rief von weiter unten: anhalten, Pause, ich kann nicht mehr. Es war kurz vor knapp. Ihm ging es echt dreckig. Zwei Gels und eine Dose Red Bull halfen ihm wieder auf die Beine. Schon irre, wieviel Energie in dem Zeug steckt. Beim Ausloten der Leistungsgrenzen sehr hilfreich, für die Kautsch Potatoes der „Rand“ Macher schlecht hin. Auf dem Weg zur Bocca di Campai konnten wir noch in den Felsen gehauene Stellungen aus dem 1. Weltkrieg sehen.
Seid dem Verlassen des Ortes Moerna sind wir keinem Menschen mehr begegnet. Jetzt erreichten wir die Wolken. Nebelbänke um waberten die Berge. Etwas gespenstisch wirkte es schon. Von uns war noch keiner in diesem Gebiet unterwegs. Neuland entdecken ist immer spannend.
An der Bocca die Campei, dem höchsten Punt des Tages hielten wir uns nicht lange auf. Kaum Sicht durch die Wolken und kühl war es auch.
Die alte Militärpiste aus dem 1. Weltkrieg, in Italien nur „Grande Guerra“ genannt, sollte ein Traum werden. Irgendwie vergleichbar mit der Tremalzo – Passo Nota Piste oder auch der Strada delle Garobbi am Passubio. Nur ist hier, am Monte Caplone alles verfallener und ausgesetzter. Man könnte auch sagen, ursprünglicher. Und vor allem, Menschenleer. Der Downhill auf der alten Militärpiste ist komplett fahrbar. Bis zum ersten Tunnel, denn der ist verschüttet. Bedeutet für uns Mountainbiker noch einmal Schieben und tragen, hoch wie auch runter. In dem Bericht von dieser Tour in der „BIKE“ 04/2017 wurde diese Hürde auch nicht erwähnt. Danach hinunter rauschen in das Valle San Michele. Jetzt war das Tagesziel, das Rifugio Garda, greifbar nahe. 500 Höhenmeter bis zum Tagesziel. Alles auf breiten Schotterwegen mit einer moderaten, durchschnittlichen Steigung von ca. 10%.
100 Höhenmeter unterhalb des erwähnten Rifugio Garda blieb Martin an einer Berghütte stehen. Auf meine Frage ob, man hier Übernachten kann, kam ein schnelles ja. Einer rein, nach Betten Verfügbarkeit und Preis gefragt, beides o.k. Da wir wussten, dass wir die letzte, kurze Etappe bis Riva / Torbole auch mit diesen zusätzlichen 100 Höhenmetern locker bis zum Mittag schaffen, blieben wir im Rifugio Alpe Garda. Und genau das war ein sehr weiser Entschluss. Kein ½ Stunde später zog ein Unwetter über uns hinweg. Hagel, Regen, Gewitter, es war alles dabei. Der Weg vor der Hütte verwandelte sich in einen rauschenden Bach. Die Farbe der Landschaft veränderte sich von grün in Weiß. Weiß von den Hagelkörnern. Ich sah mir das Schauspiel vom inneren der Hütte durch das Fenster an, plötzlich ein Blitz und ein Knall wie an Silvester. Eine Sekunde später war es dunkel im Gastraum, Stromausfall. Der Blitz ist unmittelbar neben der Hütte eingeschlagen und hat einen Sicherungsfall verursacht. Meine Freunde meinten, du als gelernter Elektriker könntest dich doch mal nützlich machen. Habe ich nicht getan. Dafür gibt es immer noch Spezialisten vor Ort.  
Kleiner Nebeneffekt, Kein Wlan. Handy Netz sowieso Null, hatten wir schon vorher bemerkt. Dann trat ein Mann mit seinem 12-jährigen Sohn an unseren Tisch. Seine Frage? Wenn wir den Weg weiter nach unten fahren, wie weit ist es dann bis Pregasina. Wir haben ihm dann erklärt, dass der Weg nach unten nicht nach Pregasina führt, sondern nur der nach oben, von wo er gekommen ist. Ungläubiges Staunen. Zweifel, oder besser Verzweiflung spiegelten sich in seinem Gesicht. Nachdem wir ihm klar gemacht hatten, dass der direkte Weg über den Tremalzo Tunnel mindestens 3h dauert, kam leichte Panik in ihm auf. (es war nach 17:00 Uhr) Aufgrund der miserablen Wetterlage und des konditionellen Zustandes des 12-jährigen haben wir ihm geraten in der Hütte zu übernachten. Dann das nächste Fiasko. Kein Handynetz, kein Wlan, die Benachrichtigung der Ehefrau nicht möglich. Da ist uns wieder einmal bewusst geworden, wie abhängig man doch von diesen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten geworden ist.
Die Krönung der Geschichte Vater / Sohn kommt aber noch. Der Sohn ist vom Lago di Ledro die Strasse bis zum Rifugio Garda hochgetreten, Papa, ca. 50 – 60 Jahre mit dem, igitt, ich trau es mir kaum zu schreiben, E-MTB gefahren. Da hat es mir doch spontan die Falten im Gesicht geglättet. Meine Freunde, die E-MTB’s hassen wie die Pest, verfielen in ein eisiges Schweigen.
Bevor der Shitstorm meiner Freunde so richtig über ihm losbrechen konnte, wurde es hell in der Hütte. Elektrische Energie wieder vorhanden, Wlan auch. Er konnte seiner Frau eine Nachricht schicken und ihr darin mitteilen, dass die beiden die Nacht in der Hütte verbringen werden.
Mal wieder eine Geschichte von Selbstüberschätzung und mangelnder Orts-Berg-Kenntnis.

Ach so, nur so ganz nebenbei, das war ein richtig anstrengender Tag für uns. Steile Anstiege auf losem Schotter.

2020 HM / 45 km / 5:30h / 8,1 km/h



 

Rifugio Alpe Garda – Riva del Garda                                 07.09.2018

Das Unwetter vom Vorabend hatte sich über Nacht verzogen. Dennoch hing der Himmel voller Wolken. Von toller Sicht konnte also keine Rede sein. Den Blick auf den Berg des gestrigen Tages, den Monte Caplone konnte ich dennoch genießen. Gesehen habe ich diesen sicher schon viele Male, jedoch nie gewusst, dass man da rüberfahren (ähm schieben) kann.
Über den Klassiker vom Tremalzo nach Riva sind schon gefühlte Tausend Berichte geschrieben worden, deshalb verzichte ich an diese Stelle. Erwähnenswert ist nur die Umgestaltung des Teils von der Ponale Brücke bis Riva. Der Trail artige Charakter mit Anliegern und kleinen Sprüngen ist verschwunden. Jetzt ist alles wieder platt, so wie vor dem Erdrutsch im Jahr 2000.
In Pregasina stellten wir fest, dass Martins Hinterradbremse nicht mehr funktioniert. Die Beläge völlig runter. Ersatz hatte er nicht dabei. Musste dann nur mit Vorderradbremse bis Riva fahren.
In der Gelateria Flora haben Martin und ich bei Eis und Cappuccino dann die Tour noch einmal durch unsere Köpfe gehen lassen. Geil war es. Der Rest der Truppe hat Matze zum Liteville Laden begleitet, 301 zurückgeben. Danach noch ein Mittagessen am Lago und anschließend alles im Transporter verstaut. Unsere Reise ist ja noch nicht beendet. Wir starteten in die Dolomiten, nach Corvara. Wollten noch zwei Wanderungen in den Dolomiten unternehmen. Leider viel Verkehr auf der Brennerautobahn mit Stopp and go. Sind erst am Abend im verregneten Corvara angekommen.

33 km / 460 HM / 2:39 h / 12,4 km/h

Gesamte Tour: 309 km / 7800 HM


 

Corvara – Sas Ciampac - Corvara                                              08.09.2018

Hatten wir am Abend vor tiefhängenden Regenwolken noch keinen Berg gesehen, so bot sich uns am Morgen ein traumhafter Blick. Keine Wolke am Himmel, Postkarten Wetter.
Mit dem Bus sind wir auf das Grödner Joch gefahren. Hier starteten wir die Wanderung über die Gherdenacia Hochebene. Auf dem Dolomiten Höhenweg Nr. 2 erst zum Cir Joch und dann zum Crespeina Joch. Für mich und Martin kein Neuland, vor vielen Jahren sind wir dort schon wandern gewesen. Jetzt entschieden wir uns für den Weg auf den Sas Ciampac, die Hochebene sah langweilig aus. Sehr gut Entscheidung. Der Gipfel belohnte uns mit einem 360° Dolomiten Panorama vom Feinsten. Am Beeindruckendsten war der Blick in das Mittagstal, welches die Sella Gruppe in Nord – Östlicher Richtung teilt. 1000 Meter hohe Wände, am nächsten Tag wollten wir dort durchlaufen.
Sind dann runter gelaufen zum Ciampaijoch und weiter in Richtung Col Pradat / Colfosco. Unterwegs in der Wiese noch ein Picknick mit Schinken, Brot und einer Dose Bier. Dabei die Sonne genossen. Vom Pradat haben wir die Seilbahn nach Colfosco genommen, wollten ein paar Körner sparen für den nächsten Tag. Von Colfosco zurück mit dem Bus nach Corvara.


 

Corvara – Piz Boe - Pordoijoch                                                  08.09.2018

Heute wollten wir auf den Piz Boe und dann durch das Mittagstal absteigen, das alles in der Sella Gruppe. Wir sind am Morgen mit der ersten Seilbahn bis Ütia Lago Boe gefahren. Das spart 1000 Höhenmeter im Aufstieg. Auf dem Wanderweg 638 vorbei an der Kostner Hütte und auf einem Panoramaweg um die Sella. Die Jungs hatten sich gerade bei ordentlichem Tempo eingelaufen, als der Weg nach Norden abzweigte. Ungläubiges Staunen, wie jetzt, da hoch??? Ich nickte nur. Ne, glaub ich nicht, doch, da hoch. Von unten sieht es schier unmöglich aus, so steil ist diese Rinne. Ein Weg ist auch nicht erkennbar. Weiter oben fanden wir viele Fix Seile am Boden. Ich traute dem ganzen nicht so recht. Wer weis wie lange die schon liegen und der Witterung und Zugkraft anderer Wanderer ausgesetzt sind. Und ich sollte mich nicht täuschen. Die äußere Hülle war an vielen Stellen durchgescheuert, es wäre sehr gefährlich gewesen, sich daran hochzuziehen. Keine Ahnung wer die verlegt, und nicht wieder abgebaut hat. Allerdings liegt in diesem engen, steilen Tal bis weit in den Sommer Schnee. Könnte sein, dass sie da verlegt wurden.
Der weitere Aufstieg zum Piz Boe ist nicht mehr so spektakulär, ein Wanderweg. Auf dem Berg Trubel ohne Ende. Die meisten kommen mit der Pordoi Seilbahn und haben dann ein vergleichsweise leichtes Stück bis auf den Gipfel. Ein paar Fotos geschossen, die Sicht genossen, Panorama vom Feinsten. Auch heute absolutes Postkarten Wetter. Danach eingereiht in die Menschenschlange, hinunter zum Rifugio Boe. Es war ein Sonntag Anfang September, logisch das wir da nicht allein sein können.
Vom Rifugio Boe wollten wir in das Mittagstal absteigen. Ich habe das vor vielen Jahren schon einmal mit Martin getan. Im oberen Teil ist ein Stück Weg mit Stahlseilen gesichert. Dieses Jahr nicht. Schon bevor wir das 10 Meter Steilstück erreichten, fehlten 2 Verankerungen im Felsen. Mir war das zu riskant. Ich habe zu den anderen gesagt, ich drehe um. Matze hat sich mir angeschlossen, Martin nach einiger Bedenkzeit auch. Alex H. blieb noch unten, wollte nicht aufgeben. Als wir uns abseits der Hütte im Gras sitzend etwas zu essen aus unseren Rücksäcken gönnten, fiel mir auf, das alles anders aussah als damals. Neben der jetzigen Boe Hütte entsteht ein Neubau. Vermutlich haben die Bauleute den aus dem Boden gestemmten Felsschutt mit einer Planierraupe in das Mittagstal gekippt und dabei die Seil Halterungen rausgerissen. Wir sind dann über die Pordoi Scharte abgestiegen zum Pordoi Joch. Alex H. ist nicht wiederaufgetaucht. Da er ein guter Kletterer war, vermuteten wir, dass er es geschafft hatte. Als wir am Pordoi Joch beim Bier saßen kam die Nachricht, ich bin durch. Am Abend erzählte er uns die ganze Geschichte. Wir sind mit dem Bus zurück nach Corvara gefahren.
Alex H. erzählte uns, das da am Seil ein älterer Mann an ihm vorbei schritt Richtung Tiefe. Da ist er hinterher. Dann die Ernüchterung. An dem 10 Meter Steilstück war nach 5 Metern das Seil zu ende, abgerissen. Der Mann stand unten. Der Kletterer Alex hat es dann auch hinbekommen. Er war aber sehr skeptisch, ob wir es auch geschafft hätten. Den Mann sah er nur noch in der Ferne, vermutlich ein zäher Einheimischer, der das öfter als Sonntagsspaziergang macht.



Aktualisiert (Montag, den 10. Dezember 2018 um 17:29 Uhr)